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Wieviel Energie braucht der Mensch

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Bericht von Dr. L. Niemann vom 04.04.2006 zum Thema:

Wieviel Energie braucht der Mensch?

Die Energiediskussion ist verwirrend. Vielen Bürgern ist die Bedeutung der Energieversorgung zwar klar, es fehlt aber ein Maßstab zur Beurteilung der Möglichkeiten der verschiedenen Energieträger. Der Grund für die Verwirrung ist u. a. die Benutzung verschiedener Maßeinheiten wie Kilowattstunden (=kWh), Kalorien, Joule, Tonnen Steinkohleeinheiten. Wir wollen dem an dieser Stelle mit einer Übersicht abhelfen, indem wir die wichtigsten Zahlen angeben, und zwar immer in der Einheit kWh um Vergleiche zu ermöglichen.

Der natürliche Energieumsatz des Menschen

    1. Ein gesunder junger Mensch kann maximal eine körperliche Arbeitsleistung von 100 kWh im Jahr erbringen.
    2. Ein Mensch braucht zum Leben Nahrungsmittel und Getränke mit einem Energieinhalt von 1000 kWh im Jahr.

Der zivilisatorische Energieumsatz des Menschen in Deutschland

    3. Der durchschnittliche Strombedarf pro Bürger beträgt 6000 kWh pro Jahr.
    4. Der durchschnittliche Primärenergiebedarf pro Bürger beträgt 60 000 kWh pro Jahr.

Die körperliche Leistungsfähigkeit des Menschen

Eine körperliche Arbeitsleistung von 100 kWh im Jahr ist eine enorme Leistung, es bedeutet zum Beispiel für einen Bergsteiger 200 Besteigungen der Zugspitze vom Tal bis zum Gipfel. Normalerweise wird diese Tour in zwei Tagen bewältigt, mit einer Übernachtung auf einer Hütte. Diese Tour an einem Tage zu bewältigen, ist eine gute Leistung, wobei in der Folge ein Tag der körperlichen Erholung notwendig ist. Der Mensch kann mit seinen Beinen ca. 100 Watt und mit seinen Armen ca. 10 Watt leisten. Diese Leistung ist problemlos für eine kurze Zeit zu erbringen, aber nicht so leicht langzeitig über 8 Stunden pro Tag. Heute wird dem Menschen körperliche Arbeit von Maschinen abgenommen. Noch vor rund einem halben Jahrhundert wurde die schwere Arbeit auf dem Acker von Arbeitstieren vollbracht. In der Form von Primärenergie (Import-Steinkohle, Erdöl, Erdgas) kosten 100 kWh heute 0,5 bis 3 EURO, in der veredelten Form “Strom“ erhöht sich der Preis auf ca. 18 EURO (einschließlich Steuern, Haushaltstarif).

Die Ernährung des Menschen

Der Mensch braucht zur Aufrechterhaltung seiner Körpertemperatur von 37°C einschließlich leichter körperlichen Tätigkeiten ca. 1000 kWh Energie im Jahr (das ist im wesentlichen der Grundumsatz von 100 Watt zuzüglich geringfügiger körperlicher Arbeitsleistung, wie sie in unserer mechanisierten Welt anfällt). Diese Energie muss er sich mit der Nahrung zuführen. Durch Sport oder schwere körperliche Arbeit erhöht sich der Energiebedarf. Dabei kann der Mensch rund 10 % der mit der Nahrung zugeführten Energie in körperliche Arbeitsleistung umsetzen, der Rest von 90 % wird in Wärme umgesetzt und geht verloren. Damit folgt, dass ein Mensch zur Erbringung von 100 kWh körperlicher Arbeitsleistung pro Jahr noch einmal zusätzlich zum Grundumsatz ca. 1000 kWh als Nahrung benötigt, also ungefähr das doppelte essen muss.

Der Wohlstand des Menschen in den Industrieländern

Der zivilisatorische Energieumsatz der Menschen auf der Welt ist sehr verschieden, in den armen Ländern ist er niedrig, in den Industriestaaten ist er hoch. Billige Primärenergie macht unseren Wohlstand möglich. Die Deutschen haben pro Bürger einen mittleren Primärenergieverbrauch von 60 000 kWh und einen Stromverbrauch – das ist die universell einsetzbare Edelenergie – von 6000 kWh pro Jahr. Hierbei ist der gesamte Verbrauch eingerechnet, also die privaten Haushalte, Industrie, Handel, Gewerbe, Infrastruktur, denn das alles gehört zu unserem Wohlstand. Der Energieverbrauch in den privaten Haushalten beträgt ca. 25% vom Gesamtverbrauch. Beim Strom liegen dazu Zahlen vor, es ist der durchschnittliche Stromverbrauch eines Single-Haushaltes 2800 kWh, eines 2-Personenhaushaltes 4100 kWh, eines 3-Personen-Haushaltes 5200 kWh und eines 4-Personen-Haushaltes 6200 kWh (lt. VDEW). Der Wärmebedarf zum Heizen, Kochen und Warmwasser ist der größte Brocken beim Energiebedarf, er beträgt etwa die Hälfte des Gesamtverbrauchs. Daher haben die Länder im Norden einen höheren Energiebedarf, und südliche Länder einen niedrigeren.

Der mögliche Beitrag der Biomasse zum Energiebedarf des Menschen

Beim Außenhandel Deutschlands mit Gütern der Ernährungswirtschaft ist der Import rund doppelt so groß wie der Export, Deutschland ist bezüglich der Ernährung ein Importland. Aus den Zahlen ergibt sich, dass unser Land sich zu etwa 70 % aus dem eigenen Lande ernährt, wenn man den monetären Wert der Nahrungsmittel zur Beurteilung heran zieht. Damit folgt zwangsläufig, dass Biomasse – also alle im Lande wachsenden Pflanzen – nur einen sehr kleinen Anteil am zivilisatorischen Energiebedarf der Menschen von 60 000 kWh liefern kann, da noch nicht einmal die Nahrungsmittel von 1000 kWh gänzlich im eigenen Lande produziert werden. Nur dort, wo eine Überproduktion besteht, oder wo im Ausland billiger produziert wird (Zucker, Getreide, Milch), könnte der Anbau von Nahrungsmittelpflanzen durch Energiepflanzen ersetzt werden. Man sollte allerdings diskutieren, ob es sinnvoll ist, in einer derart klimatisch begünstigten Region wie Westeuropa im Westwindgürtel der Erde die Nahrungsmittelpflanzen durch Energiepflanzen zu ersetzen. In vielen Gebieten auf der Erde müssen die Menschen Hunger leiden, es kann die Landwirtschaft die dort lebenden Menschen nicht ernähren. Um diese Menschen mit zu ernähren, muss es auch Gegenden mit einer landwirtschaftlichen Überproduktion geben. Zur Ernährung ist Landwirtschaft erforderlich, aber zur Energiegewinnung gibt es auch andere Wege (zum Beispiel Kernkraft). Ist es sinnvoll, bei weltweiter Nahrungsmittelknappheit die Lebensmittelproduktion bei uns weiter zurück zu fahren und Energiepflanzen anzubauen?

Wie viel Biomasse wächst in Deutschland?

Deutschland hat 11 Millionen Hektar Ackerland. Der Hektarertrag von dem aus Raps gewonnenem Biodiesel sind 1300 Liter. Würde auf der ganzen Ackerfläche in Deutschland nur Raps angebaut, so ergäbe das 14 Millionen Tonnen Biodiesel (mit dem Energieinhalt von rund 14 Millionen Tonnen Steinkohleeinheiten). Nach Abzug von 30 % für Feldbearbeitung u.a.m. (siehe Klaus Heinloth “Die Energiefrage“) bleiben 10 Millionen Tonnen Biodiesel als Nettoertrag, das sind 16% unseres Spritverbrauchs im Straßenverkehr (Damit könnte man auch 16 % des Kernkraftstromes ersetzen).

Die Bilanz wird günstiger, wenn man an Stelle von Raps Weizen anbaut, und diesen zur Energiegewinnung heran zieht, denn Weizen wird später im Sommer reif, nützt also einen längeren Zeitraum der Vegetationsperiode aus. Das Ergebnis sind 22 Mill. Tonnen Steinkohleeinheiten, rund 30 % des Energiebedarfs für den Straßenverkehr (Man könnte durch Verheizen von Weizen ca. 30 % der Kernenergie ersetzen).

Bei Berücksichtigung von Wald (Holz ist Baustoff) und Wiesen (Gras ist Viehfutter) folgt, dass ca. 40 Millionen Tonnen Steinkohleeinheiten (oder 400 Mrd. kWh) in Form verwertbarer Biomasse pro Jahr in Deutschland wachsen. Das sind rund 2/3 des Spritverbrauchs in Deutschland (oder 2/3 des Beitrages der Kernenergie).

Es gibt in Deutschland noch ungenutzte Biomasse, das ist Restholz in den Wäldern. Fachleute sprechen von 5 Millionen Tonnen Holz. Das ist absolut betrachtet eine große Zahl, es lassen sich damit etliche Heizkraftwerke betreiben, über die in allen Fachmagazinen immer wieder vortrefflich berichtet werden kann. Aber bei Betrachtung im Verhältnis zu unserer großen Bevölkerungszahl sind das gerade 60 kg Holz (entsprechend 240 kWh) pro Person und Jahr, ein lächerlich kleiner Betrag im Vergleich zu unserem zivilisatorischen Energiebedarf.

Es ist auch interessant, die gesamte im Holz unserer Wälder gespeicherte Biomasse zu betrachten, es sind rund 3 Mrd. Kubikmeter Holz, entsprechend 2 Mrd. Tonnen trockener Biomasse. Wollte man mit dieser Biomasse den gesamten Primärenergie bedarf aller Menschen in Deutschland decken (wenn das technisch möglich wäre), so würde dieser Vorrat für rund 2 Jahre ausreichen. Oder – falls man nur den Heizenergiebedarf damit decken wollte – wäre der Vorrat nach ca. 4 Jahren aufgebraucht.

Die im Lande wachsende Biomasse kann nur einen kleinen Beitrag zur Energieversorgung liefern, nur die Nutzung von Holz zum Heizen erscheint mir sinnvoll zu sein. Die Äcker unseres Landes sollten zur

Zusammenfassung:

Der natürliche Energieumsatz des Menschen

körperliche Arbeitsleistung

100  kWh im Jahr

Nahrungsmittel zum Leben

1000 kWh im Jahr

Die körperliche Leistungsfähigkeit des Menschen

mit den Armen

10 Watt

mit den Beinen

100 Watt

Der zivilisatorische Energiebedarf des Menschen

Strombedarf

  6 ooo kWh im Jahr

Primärenergiebedarf

 60 000 kWh im Jahr

Stromverbrauch in privaten Haushalten

1 Person

2800 kWh im Jahr

2 Personen

4100 kWh im Jahr

3 Personen

5200 kWh im Jahr

4 Personen

6200 kWh im Jahr

Die Ernährungswirtschaft in Deutschland

Beitrag des eigenen Landes

erreicht den Anteil 70 %

Die Möglichkeiten der Biomasseproduktion

Raps auf allen Ackerflächen

10 Mill. t SKE*) netto im Jahr

Weizen auf allen Ackerflächen

22 Mill. t SKE netto im Jahr

gesamte Biomasse auf allen Äckern, Wiesen, Wäldern

40 Mill. t SKE netto im Jahr

Spritverbrauch

60 Mill. t im Jahr

    *) 1 t SKE = eine Tonne Steinkohleeinheiten ist der Energieinhalt von einer Tonne Steinkohle